Leserbrief von Manfred Albers zum Thema: „Diskussion im Rat über den Bedarf an Mietwohnungen“ vom 09.03.2021
Es ist bezeichnend, auf welche Weise CDU und FDP gegen Belegungsrechte und damit mehr Sozialwohnungen argumentieren.
+"Die Zahlen des Landkreises Diepholz sind veraltet."
+"Es ist doch schon viel gebaut worden."
Eine bekannte Vorgehensweise: Das Problem wird geleugnet oder klein geredet.
Die SPD hatte beantragt, dass die Stadt Diepholz Belegungsrechte für Sozialwohnungen erwirbt. „Warum sollen wir eine Nettokaltmiete von 5,60 Euro einfrieren und dann entsprechend mit 1,50 beziehungsweise zwei Euro fördern, wenn der Landkreis als zuständiger Träger 7,50 Euro übernehmen würde?“ Diese Frage der CDU ist zynisch und verkennt die Realität. Es wird der Eindruck erweckt, dass jeder, der eine Sozialwohnung braucht, einfach zum Landkreis gehen kann und dort dann eine Miete bis 7,50 Euro übernommen wird. Dem ist aber nicht so. Eine Miete bis 7,50 Euro übernimmt der Landkreis für Sozialhilfeempfänger. Der Kreis der Menschen, die ein Anrecht auf eine Sozialwohnung haben, ist allerdings wesentlich größer.
„Geförderte Wohnungen (so genannte Sozialwohnungen) sind bestimmt für Wohnungssuchende, deren Gesamtjahreseinkommen eine festgelegte Einkommensgrenze, nicht übersteigt.“ Eine alleinstehende Person kann bei uns eine Sozialwohnung beziehen, wenn das Einkommen unter 1500 Euro im Monat liegt, ein Berechtigungsschein vorliegt und eine Wohnung zur Verfügung steht. Leider fehlt es an Sozialwohnungen. Das bedeutet: Selbst wenn ein gesetzlicher Anspruch vorliegt, kann er nicht eingelöst werden, weil es die Wohnung nicht gibt.
Schwierig ist die Situation für unsere älteren Menschen mit niedrigen Renten und für die Arbeitnehmer/innen mit geringen Einkommen, z.B. im Friseurhandwerk. Diese Menschen müssen jeden Euro zweimal umdrehen und möglicherweise wird das ohnehin schmale Einkommen durch Kurzarbeit, zum Beispiel während der Pandemie weiter reduziert. Sie haben zwar einen Anspruch auf Wohngeld, aber dieser hat enge Grenzen. Eine alleinstehende Person kann bei uns Wohngeld nur beziehen, wenn das Einkommen unter 1000 Euro im Monat liegt.
Für eine alleinstehende Person in Diepholz ist es besonders bitter, wenn das Einkommen oder die Rente zwischen 1000 und 1500 Euro liegt. Der Mensch braucht eine günstige Wohnung, weil er auf jeden Euro angewiesen ist; er hat aber keinen Anspruch darauf, diese Miete vom Landkreis erstattet zu bekommen. Einen Anspruch auf Wohngeld hat er ebenfalls nicht. Dafür ist sein Einkommen zu hoch. Einen Anspruch auf einen B-Schein für eine Sozialwohnung hat er zwar, kann ihn aber nicht einlösen, weil es diese Wohnung in Diepholz nicht gibt. Und zu allem Überfluss konkurriert er auf dem überlasteten Wohnungsmarkt auch noch mit dem Leistungsempfänger, der eine Miete bis 7,50 Euro vom Landkreis erstattet bekommt, um die gleiche Wohnung.
Wenn der politische Wille fehlt, nützt es auch nichts, wenn die Stadt Diepholz Miteigentümer einer Wohnungsbaugesellschaft ist.